Der vorgelegte Haushalt für das laufende Jahr nötigt einem Respekt ab:
Der Verwaltungshaushalt ist mit einem vorgesehenen Volumen von über 25‘5 Mio. größer als vor einem Jahr und auch die im Vermögenshaushalt (Summe 9‘545 Mio.) aufgezeigten Investitionen sind für dieses Jahr mit knapp 9‘15 Mio. im oberen Drittel der im letzten Jahrzehnt vorgelegten Haushalte. Und dies ohne vom leider bereits wieder scheidenden Kämmerer letztes Jahr für heuer antizipierte Kreditaufnahme von 1‘0 Mio. Und mit einer - wenn auch geringeren - Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt.
Ist dies alles realistisch? Kann und darf eine Gemeinde im 2.ten Coronajahr in dem die wirtschaftlichen Auswirkungen - voraussichtlich auch mit Insolvenzen in unserer Gemeinde – nur bedingt absehbar sind einen solchen Haushalt verabschieden?
Ich sage ja.
Ich sage: es ist geradezu ein Muss jetzt durch kluge und mutige kommunalpolitische Personal- und Investitionsentscheidungen den Bürgerinnen und Bürgern, den Gewerbetreibenden und Unternehmen zu zeigen wir handeln auch in Krisenzeiten verantwortungsvoll und zukunftsorientiert.
Dass die vorgesehenen Investitionen haushälterisch abgesichert realisiert werden können verdanken wir – und hier wiederhole ich gerne das von mir in vielen HH-Reden immer wieder dargelegte – vor allem unseren Bürgerinnen und Bürgern, unseren Gewerbe- und Handwerksbetrieben sowie den vielen Selbstständigen. Seit Generationen ist die Beteiligung an der Einkommenssteuer eine relativ verlässliche Konstante für unseren Kämmerer – auch dieses Jahr mit 8‘0 Mio. (zuzüglich 700.000 Umsatzsteuerbeteiligung) wieder der größte Einnahmeposten. Und auch die voraussichtlichen Einnahmen aus der Gewerbesteuer liegen zwar mit 6‘5 Mio. unter dem Ergebnis des letzten Jahres zeigen aber eine nachvollziehbare Stabilität auf. Hier sind wir in einer glücklicheren Lage als viele andere Gemeinden des Landkreises.
Eine der Lehren aus Corona muss sein, alle sozialen Dienstleistungen neu zu bewerten, sprich personell und finanziell vorzusorgen. Auf unsere im Kita-Bereich bereits sehr gut aufgestellte Gemeinde kommen weitere Aufgaben hinzu.
Die jährliche Bedarfsabfrage hat ergeben, dass wir, um den absehbaren Bedarf zu befriedigen, dringend weitere Räumlichkeiten für Kinderkrippen- und Kindergartengruppen schaffen müssen. Der Gemeinderat ist sich dieser notwendigen zukunftsorientierten Maßnahme bewusst (unsere Kinder sind unsere Zukunft!) und wird gegenüber dem Kindergarten Buckelberg weitere Räumlichkeiten schaffen. 7‘6 Mio. sind für eine vierzügige Kindertagesstätte in den nächsten 3 Jahren veranschlagt. Eine notwendige und sinnvolle Investition, zumal im Obergeschoß ein Multifunktionsraum zur VHS-Nutzung mitangedacht ist. Der GR wird – davon gehe ich aus - in seiner morgigen Sitzung die Freigabe der Planung erteilen. Hierzu gehört auch im Bebauungsplan auf Vorschlag der SPD-Fraktion bereits jetzt ein zu einem späteren Zeitpunkt zu realisierendes Wohnhaus/-heim vorzusehen.
Ziel soll es sein -ich nenn es mal „zweckgebundenen“ bezahlbaren Wohnraum für Praktikanten/innen, KinderpflegerInnen und ErzieherInnen zu schaffen. Ich denke dies ist ein nachhaltiger Beitrag der Kommune zur Neu- und Aufwertung der sozialen Berufe. Dies gilt im selben Maße natürlich auch für die Schaffung weiterer Planstellen im Kita-Bereich. Mit 9,2 neu geschaffenen Stellen auf jetzt 57,2 ist der Kita-Bereich hinsichtlich der Personalkosten mit 12,7% des gesamten Verwaltungshaushalt der größte personelle Einzelposten.
Für uns als Sozialdemokraten haben Investitionen in Menschen immer Vorrang. Deshalb haben wir die Stellenmehrungen der letzten Jahre, und zwar in allen Bereichen (Verwaltung, Bauhof, Kinderbetreuung) immer mitgetragen und werden dies – sofern keine Utopien – auch weiterhin tun.
Der GR hat im November letzten Jahres den Grundsatzbeschluss gefasst ein ISEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) erstellen zu lassen. Ein Konzept welches Ziele, Handlungsfelder und Projekte für die Entwicklung einer Kommune über mehrere Jahre hinweg beschreibt mit dessen Hilfe ein Gesamtkonzept für alle Bereiche u.a. Handel, Wohnen, Arbeiten, Verkehr erarbeitet werden kann. Eine Herausforderung, welche nicht nur Manpower in der Verwaltung bedarf sondern auch zusätzliche finanzielle Mittel bindet. Die im Verwaltungshaushalt für dieses Jahr vorgesehenen Mittel werden sicherlich auch in den nächsten beiden Jahren eingestellt werden müssen. Die finanziellen Auswirkungen der Umsetzung der erarbeiteten Projekte sind zu einem späteren Zeitpunkt darzulegen. Wir Sozialdemokraten sehen in ISEK die Chance gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern ein nachhaltige Gemeindeplanung durchzuführen in der Ökonomische Prosperität, Soziale und räumliche Integration sowie Umwelt- und Lebensqualität Hand in Hand gehen.
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum gehört zu einer der vordringlichsten Aufgaben der Kommunen. Der GR hatte hierfür u.a. die Flur.-Nr. 84 zur Bebauung vorgesehen. Wir waren uns einig, dass hier Mehrfamilienhäuser – wenn möglich mit Generationenwohnen - entstehen sollen. Ein Bebauungsplan ist vorhanden, wir stocken in der Diskussion mit wem und in welcher Form die Gemeinde dies umsetzen soll. Bedauerlicherweise findet sich im vorliegenden Haushaltsplan und Investitionsprogramm keinerlei Hinweis auf dieses Vorhaben wieder. Die SPD-Fraktion wird auf eine Entscheidung über das weitere Vorgehen bis zum Ende des 2. Quartals drängen. Eventuell müssen dann in einem Nachtragshaushalt noch Mittel für dieses Jahr eingestellt werden.
Das Projekt „Wohnungen am Kappellenbach“ ursprünglich im Rahmen des Einheimischenprogramms gebaut – weist auch in 2021 noch einen finanziellen Bedarf von 100.0000 auf. In Summe sind Kosten von über 4‘9 Mio. angefallen; mehr als das doppelte gegenüber dem ursprünglichen Ansatz. Bei einem Verkaufsergebnis von ca. 5‘2 Mio. -allerdings außerhalb des Einheimischenprogramms, auf dem freien Markt – sind wir – die Grundstückskosten nicht mitgerechnet - noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Eine Lehre für uns alle.
Wir sind erfreut, dass - ebenfalls nach langem, aus unserer Sicht nur bedingt nachvollziehbarem Stillstand – jetzt im Rahmen der Städtebauförderung die Neugestaltung des Dorfplatzes mit Erweiterung Bücherei und Platz für die VHS zügig weitergeht. Die Gelder sind in der mittelfristigen Finanzplanung dafür bereits seit 2016 vorgesehen.
Positiv auch die weitere Bereitstellung von Mitteln für das Projekt Innerörtliche Mobilität, die vielen Klimaschutzprojekt sowie die Umsetzung des SPD-Antrags aus 2015 zur Verdoppelung der Mittel für den Erwerb von allgemeinem Grundvermögen. (von 250.000 auf 500.000). Für uns unverständlich die Entscheidung des HuF bei den Vorberatungen des HH den Haushaltsrest von 25.000€ für weitere Untersuchungen zur Machbarkeit eines Naturschwimmbades zu streichen. Damit wird nicht nur die in der letzten Gemeinderatsperiode von 3 GR geleistete Vorarbeit desavouiert, sondern auch das Engagement aus der Bürgerschaft (u.a. 4-std. Workshop mit ca. 40 Bürgerinnen und Bürgern) ad absurdem geführt. Uns ist klar, dass dieses Projekt momentan keine Priorität hat, aber jetzt wird gehandelt nach dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn.“
Die Finanzierung des Haushalts ohne Kreditaufnahme wird durch den Einsatz unseres Rücklagenpolsters möglich. Der Aussage des Kämmerers, dass es in der jetzigen Phase sinnvoller ist, die Rücklagen soweit notwendig und haushälterisch zulässig, aufzulösen anstatt an die Banken weiterhin Negativzinsen (2020 24.000€) zu zahlen, ist nichts hinzuzufügen.
Die Mittelfristige Finanzplanung für 2020-2024 weist mit über 47‘7 Mio. einen noch nie dagewesenes Rekordhoch auf. Wir sollten deshalb trotz der für die nächsten Jahre prognostizierten hohen Zuführungen vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt seinen Hinweis, dass wir 2022 eine Kreditaufnahme in Millionenhöhe vorsehen müssen, bei allen in diesem Jahr noch zu treffenden Entscheidungen mit finanziellen Auswirkungen „im Hinterkopf“ haben.
Die SPD-Fraktion stimmt der Haushaltssatzung, dem Haushaltsplan 2021 und der Mittelfristigen Finanzplanung zu. Sie dankt allen Mitarbeitenden in der Kämmerei und der Verwaltung für die – dieses Jahr unter ganz besonderen Bedingungen stehenden - Erarbeitung des Haushalts. Wir danken Johannes Lang für die offene Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren. Als ehemaliger Vorsitzender des RPA wusste ich seine Kompetenz zu schätzen. Wir wünschen ihm bei der Bewältigung seines nächsten Karriereschritts viel Glück.
Heinz Oesterle, im Februar 2021