Zum Haushalt 2022 - vom Fraktionsvorsitzenden der Gemeinderatsfraktion der SPD Heinz Oesterle

Heinz Oesterle

Zum Haushalt 2022

Mehrere Premieren erleben wir bei der Vorlage dieses Haushalts.: Es ist der erste unserer neuen Kämmerin – ich darf jetzt schon sagen mit Bravour gemeistert, es ist der erste mit einen Gesamtvolumen von über 40 Millionen Euro, in der mittelfristigen Finanzplanung stehen im 5-Jahreszeitraum jetzt aktuell 65 Mio. Euro zu buche. (Für den Zeitraum 2022-2025 sind es mehr als 50 Mio), und für ein einzelnes HH-Jahr wird in 2023 mit über 20 Mio. eine auf den ersten Blick schwindelerregende Investitionssumme erreicht.

Mit Sicherheit darf man die Frage stellen: Mutet sich da die Gemeinde, muten wir als verantwortliche Gemeinderäte uns da nicht zu viel zu? Ist das alles schaffbar, ist das mehr Wünsch-dir was als Realität?

Bereits letztes Jahr habe ich angesichts des 2.ten Coronajahres mit nur bedingt vorhersehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen gefragt, ob die Gemeinde einen Haushalt mit in Summe rund 35 Mio. € verabschieden darf. Und heuer? Angesichts Putins Krieg und der damit einhergehenden Energiekrise einerseits und andererseits immer noch kein Ende von Corona absehbar, noch einmal eine Steigerung von rund 6 Mio.?

Ich habe letztes Jahr ‚ja‘ gesagt und ich sage dieses Jahr ein ebenso klares und deutliches Ja. Wir sind zwar nur ein sehr kleines Rädchen im großen Spiel, aber auch wir dürfen auf unserer Ebene nicht zulassen, dass Putin unser freiheitlich demokratisches, unser wirtschaftliches Handeln negativ beeinflusst. Wir müssen verantwortbar abwägen – so wie in den vergangenen Jahrzehnten auch – aber wir müssen die notwendigen Investitionen in den Energie-, Umwelt und vor allem Bildungssektor tätigen. Eine mögliche Kreditaufnahme darf uns dabei ebenso wenig schrecken wie die damit verbundenen steigenden laufenden Ausgaben im Verwaltungshaushalt.

Unserer Kämmerin hat – im HuF gut begründet – die Einnahmen aus der Gewerbesteuer mit einem neuen Höchststand (eine weitere Premiere) angesetzt. Sie ist damit bei auch gleichzeitig weiter steigendem Anteil an der Einkommenssteuer im ersten Entwurf des Haushalts ohne Kreditaufnahme ausgekommen. Wünschenswert wäre es, wenn dies so eintrifft. Jennifer Ziegelmann hat allerdings klugerweise nach den Beratungen im HuF in die Haushaltssatzung jetzt sich einen Kreditrahmen von 2 Mio € einräumen lassen. Und dies ist jederzeit vertretbar. Unsere Gemeinde liegt mit einem Schuldenstand von 305,30€ je Einwohner bei der Hälfte des Durchschnitts vergleichbarer Gemeinden in Bayern. Und auch hier gilt für mich und die SPD seit Jahrzehnten: Kreditaufnahmen für notwendige und sinnvolle Investitionen werden wir unsere Zustimmung nicht verweigern.

Die anstehenden Maßnahmen im Kita- und Schulbereich, die wir im Hinblick auf die vermutlich noch stärker zukommende Aufnahme von Kriegsflüchtlingen und deren Kinder weiterentwickeln müssen, dürfen ebenso wenig wie die Maßnahmen im Energie- und Umweltbereich nicht an einer aus meiner Sicht falsch verstandenen Angst vor einem Anstieg der Nettokreditaufnahme nur halbherzig umgesetzt werden. In diesem Zusammenhang ein großes Lob an das bürgerschaftliche Engagement und an die Verantwortlichen in Grund- und Mittelschule, die unmittelbar handelnd (nachzulesen im Mangfallbote) für die rasche Integration von ukrainischen Kindern in die Schule sorgen.

Danke dafür.

Die SPD-Fraktion ist froh, dass die jahrelange Hängepartie zur Neugestaltung des Dorfplatzes jetzt beendet und die Maßnahme umgesetzt werden kann. Es ist ein wichtiges und in der Bayr. Gemeindeordnung verbrieftes Recht der Bürgerinnen und Bürger in Bürgerversammlungen, -anträgen und -entscheiden ihre Mitsprache zum Ausdruck zu bringen und ggfs. auch Klage gegen Entscheidungen des GR einzureichen. In einer freiheitlichen Demokratie ist dies selbstverständlich, auch wenn sich wie im Falle Neugestaltung des Dorfplatzes die ursprünglich angesetzten Kosten nahezu verdoppeln.

Leider verzögert sich die Bebauung der Flur.Nr. 84 weiterhin. Zuerst durch Uneinigkeit im Gemeinderat, dann durch die unerfüllte Hoffnung auf die Bebauung durch die Bayernheim – eine aus meiner Sicht blauäugige Gründung der Staatsregierung - und jetzt die weitere Verzögerung durch die immer noch ungelöste Hochwasserthematik. Bis auf eine kleine Fläche liegt die Flur.-Nr. 84 fast vollständig im festgesetzten Überschwemmungsgebiet HQ100 des Feldkirchener Bachs. Nach § 78 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) besteht sowohl in vorläufig gesicherten als auch in endgültig festgesetzten Überschwemmungsgebieten ein Planungs- und Bauverbot. Dieses Planungs- und Bauverbot kann erst dann aufgehoben werden, wenn die Erweiterung des Beckens an der Glonner Straße (Hochwasserabschnitt K) vollzogen ist. Für uns hat deshalb diese Maßnahme höchste Priorität. Nur so lässt sich der dringend notwendige bezahlbare Wohnraum für Einheimische und Ukraineflüchtlinge auf der Flur.-Nr. 84 baldmöglichst realisieren.

Auch die weiteren in einer imponierenden Auflistung der bereits geplanten bzw. sich in Planung befindlichen Hoch- und Tiefbaumaßnahmen können nicht endlos verschoben werden. Ich nenne nur:

  • ISEK – Förderung durch Regierung von Oberbayern

  • Kinderkrippe Mareisring

  • Wertstoffhof mit Zufahrt

  • Neubau/Umbau/Sanierung der Grundschule

  • Bauliche Maßnahmen aus dem Gebäudesanierungskonzept

  • Schaffung von ausreichenden Räumlichkeiten an den drei Schulstandorten für die Ganztagesbetreuung

  • Betreuung baulicher Maßnahmen für Vereine und Feuerwehr.

Auch für uns ist eine Priorisierung der Maßnahmen dringend geboten, der Hinweis der Kämmerin ist korrekt. Aber keine dieser Maßnahmen steht „just for fun“ in der MiFi! Umso unverständlicher ist für uns die mehrheitliche Entscheidung des GR zumindest für dieses Jahr auf die Ausweisung einer weiteren Hochbaustelle im Stellenplan zu verzichten. Für uns ist diese Stelle unabhängig von möglichen organisatorischen Änderungen im Bauamt unverzichtbar – und zwar jetzt!

Alternative Energieerzeugung und Nutzung hat in unserer Gemeinde – vor allem durch private Initiativen – einem guten Namen. Wir unterstützen alle in der MiFi genannten sich in der Planung befindlichen diesbezüglichen Maßnahmen, sei es die Erweiterung des bestehenden Fernwärmenetzes, die Nutzung der Industrieabwärme eines großen Gewerbebetriebes oder die vorgesehenen Photovoltaikanlagen auf gemeindlichen Dächern. Jeder Beitrag der zur dringend notwendigen Energiewende beiträgt und uns ein klein weniger unabhängiger macht von dem Wahnsinnigen im Kreml ist willkommen.

Hinsichtlich der Umsetzung der Maßnahmen setze ich insbesondere bei den Photovoltaikanlagen auf die Einbindung der seit 2004 existierenden auf ehrenamtlicher Basis arbeitenden Bürgersolarstromgesellschaft. Die engagierte Mitnahme von Bürgerinnen und Bürgern ist zur Umsetzung der Energiewende unerlässlich. In der Bevölkerung vorhandene Kompetenzen können aktiv genutzt werden. Eine aktive Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bürgergesellschaften ist Voraussetzung, z.B. auch zur Nutzung der Windenergie. Die leider in Bayern immer noch geltende 10H-Regel kann – nach meinem Kenntnisstand – im Einzelfall z. B. durch einen entsprechenden Bebauungsplan umgangen werden.

Wir fordern Verwaltung und BA auf bei entsprechenden Nachfragen von Bürgergesellschaften – meines Wissens in Vorbereitung – positiv gestaltend zu handeln.

Maßnahmen im Kita- und Schulbereich hatte ich bereits erwähnt. Der dringend notwendige Neubau einer Kita am Mareisring ist im Plan. Ob dies allerdings ausreichend ist, darf mit einem Fragezeichen versehen werden. Wir sind – obwohl im Kita-Bereich sehr gut aufgestellt - bereits jetzt wieder an der Kapazitätsgrenze angelangt; die Flüchtlingskinder noch nicht eingerechnet.

Ich bin der Verwaltung und meinen Kolleginnen und Kollegen dankbar für die bis dato intern geführte intensive Diskussion zum Thema Grund- und Mittelschule. Es zeichnen sich momentan mehrere Alternativen ab und auch hier denke ich müssen wir die Flüchtlingssituation jetzt mit in die weiteren Überlegungen einbeziehen. Die Einbindung der Schulleitungen war ein erster wichtiger Schritt, den wir jetzt konsequent weitergehen sollten. Also Einbeziehung aller – auf Neudeutsch - Stakeholder - u.a. die jetzigen Elternbeiräte, die Mittagsbetreuungen und Schulvereine, vor allem aber auch den Teil der Bevölkerung, für deren Kinder wir diese Investition tätigen. Wir dürfen uns als Gemeinde froh und glücklich schätzen über die seit 2 Jahren wieder steigenden Geburtenzahlen und den Zuzug junger Familien in unsere Gemeinde. Und diesen Personenkreis müssen wir, sei es durch eine Fragebogenaktion, sei es durch eine spezielle Bürgerversammlung oder durch welche Aktion auch immer an den - ich nenn es mal Vorabplanungen – teilhaben lassen. Ihre Kinder werden die Schule bevölkern; sie sollen in optimalen Lernumgebungen und pädagogischen Bedingungen bestmöglich unterrichtet werden. Ihre Wünsche gilt es zu berücksichtigen und wenn möglich umzusetzen.

Gestern Abend war die Auftaktveranstaltung zu ISEK. Die dort vorgetragenen Überlegungen/Ideen aus der Bevölkerung zeigen bereits auf, welches Arbeitsfeld auf die zuständigen Büros, auf die Verwaltung aber auch auf uns Gemeinderäte zukommt. Und natürlich - wie aufgezeigt- die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. Nach Ende der ISEK- Konzeptphase, aus heutiger Sicht Frühsommer 2023, werden – da bin ich mir sicher – in den einzelnen Handlungsfeldern eine Vielzahl von Projekten anstehen, deren Umsetzung weitere finanzielle Mittel erfordern werden, Mittel die bis heute noch nicht bzw. nur bedingt eingeplant sind bzw. eingeplant sein können. Ich bin nach der aus meiner Sicht sehr erfolgreichen Auftaktveranstaltung optimistisch, die letztes Jahr geäußerte Chance, gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern eine nachhaltige Gemeindeplanung durchzuführen, verwirklichen zu können.

Eine nachhaltige Gemeindeplanung, in der ökonomische Prosperität, soziale und räumliche Integration sowie Umwelt- und Lebensqualität Hand in Hand gehen. Und ich bin dankbar als Gesamtprojektleiter des Bürgerprojekts Innerörtliche Mobilität gemeinsam mit allen daran Beteiligten aktiv mitwirken zu dürfen. Wobei – und auch dies möchte ich klarstellen, eine Verengung von ISEK auf das Thema Verkehr mit all seinen Facetten für ein Gesamtkonzept sicherlich nicht ausreichend ist. Handel, Wohnen, Arbeiten gehören gleichberechtigt in ein ISEK integriert.

Ich hatte zu Beginn meiner Rede die Bravourleistung unserer neuen Kämmerin und ihrem Team bereits gewürdigt. Sie hat nicht nur ein nicht ganz einfaches und mutiges Zahlenwerk vorgelegt, sondern ist hinsichtlich der Transparenz und Präsentation neue Wege gegangen. Wer bei der Vorbesprechung im HuF dabei war hat das Engagement von Jennifer Ziegelmann förmlich spüren können. Sie war bei Rückfragen um keine Antwort verlegen, ihre Antworten waren von Detailtiefe gekennzeichnet und wo gewünscht hat sie auch für weitere Details bei den entsprechenden Stellen nachgehakt.

Ein ausdrückliches Dankeschön meinerseits für die konsequente Bereinigung von Haushaltsresten, die Darstellung der HH-Reste direkt bei der entsprechenden Haushaltsstelle und die für uns alle und ganz besonders für den RPA wichtige Zusammenfassung aller HH-Reste. Eine Darstellung, welche aufzeigt, welche bereits geplanten und begonnen, aber noch nicht abgeschlossene Aufgaben zu erledigen sind.

Und ich wiederhole mich: dazu benötigen wir weitere Manpower – sei es eigene oder temporär verpflichtete.

Die SPD-Fraktion stimmt der Haushaltssatzung, dem Haushaltsplan 2022 und der Mittelfristigen Finanzplanung zu. Sie dankt allen Mitarbeitenden in der Kämmerei und der Verwaltung für die Erarbeitung des Haushalts.

Ich wünsche uns allen diesen Haushalt in Frieden umsetzen zu können. Frieden in der Ukraine! Frieden in Europa!

Heinz Oesterle Sprecher der SPD-Fraktion im Gemeinderat der Gemeinde Feldkirchen-Westerham